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Gemeinwesenorientierte Ansätze

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Allgemein: Lokal verankerte Beratungs- und Hilfeangebote

Gemeinwesen meint im Grunde das Gesamt der örtlichen Zivil- und Bürger_innen-Gesellschaft in Verschränkung mit allen Sozial- und Bildungsangeboten der öffentlichen Hand sowie den lokalen Medien. Das Gemeinwesen bildet damit den wichtigen großen Rahmen, der die verschiedenen Aktivitäten – der Einzel- sowie der Klein- und Großgruppen-Intervention – unterstützend umspannen und integrieren kann. Je komplexer ein sozialer Bedarf ist, desto mehr wird es bei der Arbeit auch auf das Gemeinwesen und auf die gute gegenseitige Beziehung und Kooperation zwischen zivilgesellschaftlich engagierten Bürger_innen, örtlichen Trägern von sozialen und therapeutischen Hilfeleistungen, den lokalen Medien und der kommunalen Verwaltung ankommen. Dies trifft insbesondere auf die Belange von Erziehung und Jugendarbeit zu. Denn wie man weiß (seit amerikanische Kommunitarist_innen dies in Erinnerung gerufen haben): „Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind zu erziehen“.

Besonders wichtig sind die Gemeinwesen für die zentralen Querschnittsbelange des guten Zusammenlebens in heutiger Zeit. Gender und der Umgang mit verschiedenartigen Geschlechterrollen und -identitäten ist einer dieser gesellschaftlichen Querschnittsbelange, der für das demokratische und menschenrechtsbasierte Zusammenleben von zentraler Bedeutung ist (der aber selbst von avancierten Entwürfen zur Gemeinwesenarbeit zumeist völlig übersehen wird). Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, Rechtsextremismus, Hass-Gruppen, politisch-religiöser Fundamentalismus und ähnliche Dynamiken bilden einen anderen Querschnittsbelang, der eminente Gefährdungen des Gemeinwohls bedingt. Diese beide Belange treten zumeist in direkter Verbindung miteinander auf.

Ferner reichen die Wirkungen von Themen wie Rechtsextremismus oder Gender mitunter weit in die vermeintlich nicht-extremistische Mitte der jeweiligen Gemeinde hinein. Sie rufen dort Empfänglichkeiten für populistische Emphasen und Ressentiment befrachtete Haltungen wach – und bringen nicht selten die dunkle Seite des Gemeinwesens zum Vorschein. Denn dass ein echter Mann eben doch eher ein „rechter“ und männlicher Mann sein sollte und nur zur Not auch schwul sein darf, dass eine Mutter, die keine „Rabenmutter“ sein will, eben doch weitgehend zuhause bei den Kindern und jedenfalls nicht zu extravagant sein sollte, dass junge Leute in Kampfmontur und Springerstiefel sich eben „die Hörner abstoßen müssen“ oder „einfach zu viel trinken“, oder dass eine plötzliche strenge Frömmigkeit von jungen Leuten mit moslemischem Hintergrund doch eigentlich begrüßenswert sei – dergleichen Ansichten sind in der jeweiligen Gemeinde genauso Mainstream wie sie eine passförmige Umgebung – und lokale Nische – für militant extremistische und/oder fundamentalistische Organisationen sind. Entsprechend häufig gaben Täter_innen von rechtsextremistischen und/oder sexistischen/homophoben Delikten zu Protokoll, dass es in ihrer direkten städtischen oder dörflichen Umgebung „eigentlich niemanden gab, der was dagegen hatte“, was er/sie in Bezug auf „Ausländer“ oder Personen mit Normabweichender Gender-Identitäten begangen hat.

Wenn es also sozial-pädagogischen Interventionen, politischer Bildung und Jugendarbeit oft so schwer fällt, nachhaltige Wirkungen zu erzielen, liegt das zumeist auch daran, dass die sozusagen gemeinwesen-pädagogische Perspektive brach liegt und der Rahmen, „das Dorf“ oder das städtische Quartier nicht mit in den Blick genommen wird. Das kommt freilich nicht von ungefähr, denn Gemeinwesenarbeit zu sensiblen Querschnittsbelangen – wie Gender oder Rechtsextremismus – ist oft sehr aufwändig und kontrovers, mitunter auch explosiv. Sie wird über einige Strecken auch den Einsatz von Methoden der konstruktiven Konfliktbearbeitung erforderlich machen.

In einzelnen Arbeitsbereichen – mit Gemeinwesenbezug

Kolleg_innen, die sich in sozialen Fragen von Gewalt/Extremismus und/oder Gender engagieren, haben häufig spezielle (Selbst-)Hilfegruppen und Beratungsstellen ins Leben gerufen, die dann zur festen Größe innerhalb des Gemeinwesens wurden. Häufig werden sie von Vereinen und freien Trägern aufgebaut, die am weitesten in das soziale Feld hineinreichen – und die bei den Betroffenen spontan mehr Vertrauen hervorrufen als die Organe der öffentlichen Hand dies können. Von besonderer Bedeutung sind hierbei offene Gruppenangebote für Männer oder Frauen, die eine Möglichkeit suchen, sich über die, stets geschlechtsspezifischen, Erfahrungen von Konflikt, Aggression und Gewalt in Familie und Gemeinde auszutauschen. Dabei geht es auch um die eigene Beteiligung an Gewalthandeln, um archaische Familienvorstellungen und um lange tradierte Formen des Umgangs mit den eigenen Töchtern und Söhnen. Eng damit verbunden ist zumeist die Auseinandersetzung mit den oft so konfliktreichen Vorstellungen/ Maßgaben über akzeptable bzw. gebotene Habitus von Männlichkeit und Weiblichkeit, die in den Familien und lokalen (oder ethnischen) Milieus bestehen – und die das zuträgliche Miteinander in der Gemeinde sehr beeinträchtigen können. Ebenfalls Thema in diesen Gesprächssettings ist oft die Sorge um die Kinder und Jugendlichen, deren hoch gender-spezifische – Lebenswelten manchmal schwer zu verstehen sind und auf die oft nur schwer nachhaltiger Einfluss genommen werden kann.

In anderen kommunalen Bereichen – wie Schulen und Jugendeinrichtungen – arbeiten die Kolleg_innen in einem obgleich niedrig-schwelligeren Vorgehen an den gleichen Erfahrungsfeldern. Diese Kolleg_innen habe eine wichtige Funktion für die Schaffung von Bewusstsein und Befähigung zum inter-religiösen und inter-ethnischen Dialog sowie zur Wertschätzung von Vielfalt und Praxis von wehrhafter Demokratie. Verschiedenste Akteure können hier zusammenwirken, z.B. sozialraumorientierte Stadtteilbüros, Telefon-Beratungen und Anlaufstellen für Eltern und Lehrer_innen, deren Kinder und Schüler_innen in militant extremistische Zusammenhänge abzugleiten scheinen.

Für die Bearbeitung von Rechtsextremismus im lokalen Raum haben sich insbesondere in den neuen Bundesländern Mobile Beratungsteams herausgebildet. Seit der Schwerpunktsetzung des von 2001-2006 laufenden Bundesprogramms „Jugend für Toleranz und Demokratie – gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus“ mit seinen Teilprogrammen „CIVITAS“, „Xenos“ und „Entimon“ wurde erstmals auch die Akteursebene der Zivilgesellschaft als eine wesentliche Komponente in der Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus Rechnung getragen: Das Programm CIVITAS, das speziell für die Neuen Bundesländer geschaffen wurde und eine Stärkung der zivilgesellschaftlichen Kräften vor Ort anzielte, umfasste zwei Förderschwerpunkte: (1) mit Mobilen Beratungsteams und Opferberatungsstellen ein Beratungsnetzwerk zu schaffen, welches über die Laufzeit des Programms hinaus Bestand hat., (2) mit sog. „Lokalen Aktionsplänen“ Mittel für lokale Initiativen und Projekte zur Förderung von zivilgesellschaftlichen und demokratischen Strukturen im Gemeinwesen zur Verfügung zu stellten.

Mittlerweile gibt es die Mobilen Beratungsteams (MBTs) oder die Mobilen Beratungen gegen Rechtsextremismus (MBR) in fast allen Bundesländern, wo sie von unterschiedlichen Trägern umgesetzt werden. Gemeinsam ist ihnen ein Vorgehen, das Analyse, Information und Beratung zum Umgang mit Rechtsextremismus in der Kommune verbindet und dem allgemeinen Ziel verpflichtet ist, die demokratischen Strukturen vor Ort zu stärken. Dabei ist jedoch die zentrale Bedeutung, die den Fragen von Geschlechterrolle und Genderidentität im Rechtsextremismus und in Hass-Gruppen innewohnt, bisher nur ganz vereinzelt beherzigt worden (so z.B. bietet die Mobile Beratung Hamburg eine „Geschlechtersensible Beratung bei Vorfällen mit rechtsextremistischem, rassistischem oder antisemitischem Hintergrund“).

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Genderempfehlungen

Empfehlungen zu gemeinwesenorientierter Arbeit – Kommunalzentren / „Infohouses“

Der internationale Austausch im RAN Netzwerk hat gezeigt, dass gerade in Dänemark und in den Niederlanden mit großem Erfolg bereichsübergreifende lokale Teams und integrierte Arbeitsweisen eingerichtet wurden, in denen Polizei, Sozialarbeit (Fan-Arbeit, Streetwork, Clubs, etc.), Verfassungsschutz, Strafvollzug, Schulen, sowie Jugendhilfe (Drogenberatung, Sekten-Beratung, soziale Kompetenztrainings, freizeitorientierte Angebote, Ausbildungsberatung) und Gesundheitswesen (sozialpsychiatrischer Dienst) auf kommunaler Ebene eng miteinander kommunizieren. Hierbei haben diese unterschiedlichen lokalen Dienste intelligente Formen der Informationsaustausches und des konzertierten Eingreifens entwickelt. Nach außen hin treten diese lokalen Arbeitsverbünde als Kommunalzentren/ „Infohouses“ in Erscheinung, die die Bürger_innen als vertrauensvolle Kontaktstellen nutzen können.

Eine besondere Relevanz haben diese Kommunalzentren seit dem mit dem Bürgerkrieg in Syrien und Irak entstandenen transnationalen Phänomen der „Foreign fighters“ (der Kriegsfreiwilligen bzw. Kriegsrückkehrer) erhalten. Hierdurch sind religiöse Thematiken der Familienberatung, Psychotrauma-Therapie sowie Maßnahmen der Wiedereingliederung als neue Arbeitsfelder/Kolleg_innen der Kommunalzentren hinzugekommen. Gerade die desillusionierte und/oder schockierte Rückkehr von einem Aufenthalt in einem jihadistischen Kriegsgebiet von äußerster Brutalität stellt einen günstigen Zeitpunkt dar, an dem ein junger Mensch einen umfassenden psychosozialen Interventionsprozess und Möglichkeiten der Reintegration beschreiten kann. Da 10%, der aus Deutschland kommenden jihadistisch motivierten Kriegsfreiwilligen Mädchen/ Frauen sind, wird es zukünftig auch darum gehen, verstärkt geschlechtsspezifische Interventionen für radikalisierte junge Frauen zu entwickeln.

In Deutschland wurden mit Blick auf von Rechtsextremismus gefährdete Regionen verschiedentlich Gemeinwesen-orientierte Konzepte entwickelt, die jedoch in aller Regel nicht in gleicher Weise praktisch fruchtbar werden, wie die Kommunalzentren in DK und NL dies tun. Die zentrale Handlungsempfehlung dieser Konzepte ist es, verschiedene lokale Organe und Akteur_innen für eine konzertierte Entwicklung des demokratischen Gemeinwesen zu gewinnen – und damit den Umtrieben von Rechtsextremismus, Fundamentalismus und Milieus des gruppenbezogenen Hasses proaktiv entgegen zu wirken. Dazu gehören im Wesentlichen folgende Schritte:

  • Vernetzung mit funktionaler Steuerung von verschiedenen kommunalen Institutionen (Schule, Kindergarten, Jugendarbeit, Familien- und Jugendhilfe, Gerichtshilfe, Städteplanung, Ordnungsamt, Polizei, Vereine, Sport, Religionsgemeinden, Gewerbetreibende u.a.m.)
  • Förderung der Wahrnehmung für das Problem und dessen verschiedenen Aspekte ,
  • Schulung von Kompetenzen der Erstreaktion bzw. spezifischer Interaktionskompetenzen für die jeweilige Institution und deren Aufgabengebiet
  • Leitbildentwicklung von Kommunen und Regionen
  • die inklusive Aktivierung und Teilhabe aller Bevölkerungsschichten
  • Präventionsprojekte mit Kindern und Jugendlichen
  • ämterübergreifendes Case Management von rechtsextremen (jungen) Menschen (z.B. Zusammenarbeiten von Jugendhilfe und Justiz)
  • vertrauensvoller Austausch von Zivilgesellschaft, staatlichen Institutionen und Sicherheitsbehörden auf gleicher Augenhöhe

Für manche Regionen ist es wichtig in Gemeinwesen orientierten Konzepten auch eine Sensibilisierung zum Bereich islamistischer Extremismus herzustellen und mit Institutionen/NGOs zusammen zu arbeiten, die über gute Erfahrungen und Glaubwürdigkeit in muslimisch geprägten Sozialräumen verfügen.

Spezifische Empfehlungen der genderorientierten Intervention im Gemeinwesen

Die Belange von Gleichberechtigung, Geschlechterrollen und Gender-Identität, die für Extremismus/ Fundamentalismus und Prävention von großer Bedeutung sind, werden in den Gemeinwesen-orientierten Konzepten bislang kaum beachtet. Rechtsextreme Frauen und Mädchen werden nach wie vor oft als das vermeintlich harmlose Geschlecht übersehen, wenn sie, mit bestimmten Gemeinwesen-strategischen Funktionen versehen, im Elternbeirat, Sozialarbeit, in der Kita und in kommunalen Ehrenämter und im Vereinslebens Einfluss entfalten. Auch die von den rechtsextremen Organisationen gezielt in Anspruch genommen Themen mit Gender-Bezug (z.B. die kulturkonservativ gestimmte Ablehnung des Gender-Mainstreaming oder die Kampagne „Todesstrafe für Kinderschänder“) werden nicht als organisierte Strategien erkannt und decouvriert. Im Bereich islamistischer Extremismus ist man in Deutschland noch zu selten darauf vorbereitet, den spezifischen Herausforderungen der sog. „Ehren-Delikte“ gegenüber Mädchen/Frauen gerecht zu werden (Zwangsverheiratung, Züchtigung, Verstoßung, Ehrenmord) – bzw. Formen des weiblichen Jihads und der männlichen Vielehe zu begegnen.

Wie wichtig es ist, die Gender-Aspekte des jeweiligen extremistischen Milieus wahrzunehmen, geht auch aus einem kriminologischen Befund hervor. Denn nicht nur werden bestimmte tradierte Konzepte der Frauenrolle sowie Gender-Themen von extremistischen Organisation systematisch zur Rekrutierung und Propaganda genutzt. Auch zeigen britische Kriminal-Kartographien, dass diejenigen Stadtbezirke, in denen viele Gender-basierte Konfliktlagen bestehen (was z.B. an der Rate der Zwangsehen, Ehren-Delikte und der Frequentierung von Frauen- und Männerhäusern bemessen werden kann), auch diejenigen Bezirke sind, in denen eine hohe Dichte von gewalttätig-extremistischen Vorfällen besteht.

Was die ländlichen Region in Deutschland anbetrifft, kann seit langem beobachtet werden, dass gerade in strukturschwachen Regionen für Mädchen und junge Frauen zu wenig kulturelle, sportliche und soziale Angebote der Freizeitgestaltung, der Teilhabemöglichkeiten und zu wenige angemessene Ausbildungswege bestehen. Oft ist das Leben im Gemeinwesen allenfalls durch einen Fußballverein und die freiwillige Feuerwehr bestimmt. Die kommunalen Ortsvereine und politischen Gremien sind geprägt von Männern. Die mangelnde Angebotsvielfalt für Frauen/Mädchen bedingt, dass gerade Mädchen mit höherem Schulabschluss, Mobilität und Ambition diese Regionen verlassen. Es bleiben junge Menschen mit prekären Berufsaussichten und geringer Mobilität zurück die vorwiegend männlichen Geschlechts sind. Diese Milieus sind erfahrungsgemäß stark gefährdet, sich dem Rechtsextremismus zuzuwenden. In nur einem Landkreis in Ostdeutschland ist ein Projekt tätig (Lola für Lulu), das bewusst Gender-Gesichtspunkte zur Rechtsextremismusprävention einsetzt. Beratungen und Fortbildungen für Kitas sowie Maßnahmen der Beratung und Sensibilisierung an Schulen mit einem speziellen Schwerpunkt auf Gender und Rechtsextremismus werden im Landkreis Ludwigslust in Mecklenburg-Vorpommern durch eine private Stiftung langfristig finanziert.

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Generelle Perspektiven von genderbewusster Gemeinwesenarbeit

  • Sensibilisierung und Fortbildung von kommunalen Akteur_innen zur strategischen Rolle der Frauen im Rechtsextremismus und militanten Islamismus
  • Mädchenspezifische und gender-fokussierte Angebote zur Stärkung menschenrechtlicher Haltungen in ländlichen Regionen
  • Väter- und Müttergruppen zur Bearbeitung von Gewalterfahrungen und Gender-repressive Traditionen (wie oben für den innerstädtische Bezirke vermerkt)
  • Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus im lokalen Feld

Dies kann im Konkreten folgende Aspekte und Maßnahmen beinhalten: Die Einrichtung eines ämterübergreifenden Kooperationsnetzwerks voranzutreiben, die das abgestimmte, feldnahe Vorgehen der Prävention und Intervention gegen Extremismus/ Gewalt, Sexismus und Homophobie abstimmt, wobei nach dänischem Vorbild („Infohouses“) Polizei, Sozialarbeit (Fan-Arbeit, Streetwork, Clubs, etc.), Verfassungsschutz, Strafvollzug, Schulen, Jugendhilfe (Drogenberatung, Sekten-Beratung, soziale Kompetenztrainings, freizeitorientierte Angebote, Ausbildungsberatung) sowie das Gesundheitswesen (sozialpsychiatrischer Dienst) auf kommunaler Ebene eng miteinander kommunizieren.

Daran angeschlossen, die Einrichtung eines Kommunalzentrums oder einer Servicestelle, in der die ämterüberreifende Kooperationen für die Bürger_innen direkt und in vertrauensgeschützter Weise zugänglich ist.

Insbesondere scheinen Maßnahmen ratsam, die die zivilgesellschaftlichen und kommunalen Akteur_innen vor Ort dazu befähigen, …

  • der Verharmlosung und Normalisierung von sexistischen und homophoben Äußerungen im öffentlichen Raum des Gemeinwesens auf effektive Weisen entgegenzutreten, gerade auch dann, wenn dies im Kontext von rechtsaffinen oder -extremen Äußerungen/ Vorfällen geschieht.
  • die Unterstützung und den Schutz derer zu gewährleisten, die in der Gemeinde stigmatisiert sind, entweder weil sie vielfach gegen Sexismus, Homophobie und Rechtsextremismus eintreten („Nestbeschmutzer“) oder weil sie selbst als Person eine alternative, von der Norm abweichende Gender-Identität zum Ausdruck bringen.
  • bei den Gemeindemitgliedern, die verbreiteten Muster des stillschweigenden Einverständnisses anzusprechen, die bei homophoben und sexistischen Vorfällen nicht selten vorliegen – und alternative Reaktionsweisen anzubieten und einzuüben.
  • entsprechend auch den Strategien der Verantwortungsverschiebung auf andere zu entgegnen und Möglichkeiten zu weisen, die persönliche Verantwortung als menschenrechtsverpflichtete Bürger_in vor Ort situativ wahrzunehmen, ohne dass dadurch substantielle Selbstgefährdungen bedingt werden.
  • kommunale Veranstaltungen zu planen und durchzuführen, um extremistische, homophobe oder sexistische Konflikt- und Gewaltvorfälle, die sich in der Gemeinde ereignet haben und dort weithin wahrgenommen wurden, in systematischer Weise zur allgemeinen Bewusstseinsbildung zu nutzen (z.B. in extern moderierten Gesprächsforen, Mediationen, Bürgerforen) – und insbesondere zu verhindern, dass die sexistischen/ homophoben Aspekte des Vorfalls nicht unter dem großen Schatten der Gewalt bzw. des Rechtsextremismus verborgen bleiben.
  • nach dergleichen Vorfällen und Gewalttaten, die einen (rechts)extremen und/oder sexistisch/homophoben Kontext hatten, ausdrückliche Solidarität mit Opfern, deren Freuden und Familien zu bezeugen.
  • bei der Analyse der Gemeinde und ihrer örtlichen Ereignisgeschichte in Bezug auf Extremismus und Xenophobie auch die Kriterien Sexismus und Homophobie zu beherzigen.
  • bei der Bestandsaufnahme der lokalen Potentiale und Optionen von menschenrechtsbasierter Zivilgesellschaftlichkeit auch die Potentiale von Genderbewusstsein ausfindig zu machen.
  • wenn städtische und ländliche Gemeinwesen bereits einvernehmliche Leitlinien und Leitbilder formuliert haben, welche allgemeinen Regeln des Umgangs bestehen sollen und welches Image die Gemeinde von sich nach außen hin geben möchte, dazu anzuregen, auch ausdrücklich Gender-orientierte Leitbilder mit zu formulieren.
  • die örtlichen Vereine (Sport, Schütze,freiwillige Feuerweht, THW) in besonderer Weise mit einzubeziehen und spezifische Informationsveranstaltungen und Fortbildungen für Multiplikator_innen anzubieten.
  • örtliche Schlüsselpersonen, die eine hohe Prägungskraft auf die örtliche Meinungsbildung der Mitbürger_innen ausüben können, besonders mit einzubeziehen.
  • in festen Kooperationen mit den Medien der Region wie auch mit überregionalen Medien zu arbeiten. Bei den regionalen Medien geht es darum, die Verschweigung oder Verharmlosung von Vorfällen zu vermeiden, bei den überregionalen Medien darum, dass sensationell-voyeuristische und übermäßig skandalisierende Berichte unterbleiben. Letzteres gilt erfahrungsgemäß vor allem für die Gender-relevanten Aspekte der Vorfälle. Umso hilfreicher ist, wenn bei den Verantwortlichen das Bewusstsein dafür unterstützt wird, dass die etwaigen sexistischen und/oder homophoben Aspekte solcher Vorfälle der besonderen Aufmerksamkeit und des sorgsamen Umgangs bedürfen, weil sie wichtige bürgerliche Freiheitsrechte betreffen und einen hohen Präventionswert haben.

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Bespiele

JUMP
Kitab
Lola für Lulu
Mobile Beratungsteams z.B. von Kulturbüro Sachsen e.V. und Miteinander e.V.
Väteraufbruch Neukölln