Institut für genderreflektierte Gewaltprävention (IfGG): TESYA® | womex.org

Institut für genderreflektierte Gewaltprävention (IfGG): TESYA®

Projekt: TESYA® das systemisch-lösungsorientierte Antigewalttraining Träger Institut für genderreflektierte Gewaltprävention (IfGG) Laufzeit/Förderung Entwicklung des von TESYA im Rahmen des EU-Programms zur Bekämpfung von Gewalt gegen Kinder, Jugendliche und Frauen: „Daphne II“ (2004-2008), Weiterentwicklung zu „TESYA professional im Rahmen von „Daphne III (2007-2013) Homepage
Genderspezifik Antigewalttrainings in geschlechtsdifferenzierten Settings mit gendersensiblen Zugängen

Das Institut für genderreflektierte Gewaltprävention kombiniert systemisches Denken mit einem kritischen Blick auf die Geschlechterverhältnisse. Grundannahmen sind da bei:

  • das Geschlecht ein (historisch) umkämpftes und veränderbares soziales Konstrukt ist, in dem sich Menschen wahrnehmen, bewegen und im Alltagshandeln immer wieder bestätigen („doing gender“)
  • Männer und Frauen, Jungen und Mädchen auf unterschiedliche Weise Opfer von Gewalt werden und auch als Täter_innen spezifische Formen von gewalttätigem Verhalten zeigen
  • eine kritische Auseinandersetzung mit normativen Geschlechterbildern im Hinblick auf eine Erweiterung von Selbstentwürfen und Handlungsspielräumen als Jungen und Mädchen, Männer und Frauen ein wichtiger Baustein in der ressourcenorientierten, gewaltpräventiven Arbeit ist
  • es bedeutsam ist, das System (die Familie, die Institution, das Team), das oftmals individuelles gewalttätiges Handeln fördert und mit erzeugt, einzubeziehen, um prozessorientiert wirksame, passgenaue und langfristige Präventionsstrategien zu entwickeln.

Neben dem TESYA-Antigewalttraining für Kinder und Jugendliche von 11-18 Jahren bietet das Institut außerdem Supervision und Coaching für Lehrer_innen und Bezugsbetreuer_innen, die in den Trainingsprozess mit eingebunden sind, Elterncoaching, Beratung & Prozessbegleitung für Schule, Fortbildungen für die pädagogische Praxis, sowie berufsbegleitende Qualifizierung zum_zur TESYA®-Antigewalt-Trainer_in für aggressiv handelnde Kinder und Jugendliche.

TESYA TESYA® ist die Bezeichnung eines Trainingskonzepts für aggressiv handelnde Jugendliche, das im Rahmen des Programms Daphne II in Kooperation von vier europäischen Organisationen, nämlich „Camino“ in Berlin,„Društvo za nenasilno komunikacijo“ in Ljubljana, „Bliżej Dziecka” in Warschau und „On the Safe Side” in London zwischen 2005 und 2007 entwickelt wurde.

Die Besonderheit dieses Trainingskonzpets besteht darin, dass es eines der wenigen Trainingsangobte ist, das bereits vor der Straffälligkeit ansetzt, auf einem systemisch-verhaltenstherapeuthischen Ansatz basiert, der konfrontative Elemente einbezieht, in geschlechsdifferenzierten Settings durchgeführt wird und einen gendersensiblen Zugang hat, der brücksichtigt, dass Jungen und Mädchen Aggressionen auf unterschiedliche Art ausdrücken, wahlweise als Einzel- oder Gruppentraining durchgeführt werden kann und so die unterschiedlichen Vorraussetzungen der Jugendlichen, wie auch die Bedingungen der Institution, an die die Trainings angebunden werden, optimal berücksichtigen.

Bei Bedarf wird den Teilnehmer_innen im Anschluss an das Training ein Stabilisierungscoaching angeboten, welches das jeweilige Bezugssystem der Jugendlichen mit einbezieht. Eltern und pädagogischen Bezugspersonen wird zudem ergänzend ein systemisch-lösungsorientiertes Coaching angeboten.

Der TESYA-Trainingsansatz grenzt sich von dem Ansatz des Anti-Agressivitäts-Trainings (ATT) ab, das auf harten Konfrontationstechniken basiert, die verletzend und demütigend wirken.

Das ATT berücksichtigt dabei nicht, dass diese Grenzverletzungen, die Bestandteil dieses Training sind, bei den Täter_innen zu Re-Traumatisierungen eigener Gewalterlebnisse führen können.

TESYA verzichtet daher ganz bewusst auf Techniken wie den „Heißen Stuhl“, der im Anti-Agressivitäts-Training eingesetzt wird und dort ein zentrales Element darstellt. Demgegenüber wird eine durchgängig respektvolle und wertschätzende Haltung der Trainer_innen vorraus gesetzt. Auch für die Thematisierung der Opfererfahrungen der Täter_innen postuliert der TESYA-Ansatz eine äußerst behutsame Vorgehensweise. So ist es bedeutsam auf die „Opferwiderfahrnisse“ zu rekurrieren, weil es nicht nur selbstwertstabilisierend wirkt, sondern auch Perspektivübernahme und Empathieentwicklung fördert.

Die Durchführung des TESYA-Trainings wurde im Projektzeitraum wissenschaftlich begleitet. Dabei untersuchte die Evaluation zum einen, welche Akzeptanz die Jugendlichen dem Training entgegenbringen, zum anderen wurde die Wirksamkeit des Training überprüft. Rahmenbedingungen und die einzelnen Trainingsbausteine wurden ebenfalls in die Untersuchung einbezogen. Daraus wurden Standarts entwickelt, die als Leitlinien für die Durchführung von TESYA-Trainings gelten.

Mittlerweile ist der Trainingsansatz TESYA insbesondere in Berlin als gewaltpräventives Instrument etabliert. Schulen, Eltern, Familienberatungen und Institutionen der Familien – und Jugendhilfe bis hin zur Diversion, verweisen Kinder und Jugendlichen zwischen 11 und 18 Jahren, die gewaltauffällig agieren und über einen längeren Zeitraum aggressives Verhalten zeigen, auf das TESYA-Programm.

Eine Finanzierung wird entweder von den beteiligten Jugendämtern oder der verweisenden Einrichtung übernommen. Einige Berliner Jugendämter haben es in ihre Angebotspalette aufgenommen. Das Trainingsprogramm wurde darüber hinaus an mehreren Schulen als festes Angebot installiert. Mehrere freie Träger in Berlin arbeiten nach diesem Konzept und führen Einzel- und Gruppentrainings mit männlichen und weiblichen Kindern und Jugendlichen durch.

TESYA professional

Aus weiteren europäischen Länder wurde Interesse bekundet, TESYA als Trainingsangebot kennenzulernen, um zu eine Übertragbarkeit in dortige Institutionen zu prüfen. Entsprechende Anfragen kamen aus Ungarn, Bulgarien, Russland, der Ukraine und der Türkei. Aus diesem Anlass wurde TESYA professional konzipiert, welches im Rahmen von „Daphne III“ im realisiert wurde. In einem gemeinsamen Entwicklungsprozess mit ausgewählten Institutionen wurden basierend auf dem TESYA-Ansatz Trainingskonzepte entwickelt, die den jeweiligen länderspezifischen Bedingungen und anderen Zielgruppen (z.B. straffällige Kinder und Jugendliche in Heimen, drogenabhängige Jugendliche) angepasst waren.

Am Ende der zweijährigen Projektphase standen nach praktischer Erprobung und Evaluation TESYA-Trainingskonzept-Varianten, die durch die teilnehmenden Pädagog_innen der jeweiligen Länder als ständiges Angebot ihrer Institutionen etabliert wurden.

Kontakt ifgg Institut für genderreflektierte Gewaltprävention Mainzer Straße 45 12053 Berlin Tel 030 74 773 117 Fax 030 74 773 118 mail[at]ifgg-berlin.de www.ifgg-berlin.de

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